Montag, 22. Mai 2006

Von El Burgo Ranero nach Mansilla de las Mulas Pappeln und Plantagen 19,110 km – 27.308 Schritte – 1.702 k/cal

Kurz vor Neun Uhr. Der Tag scheint erneut trocken zu bleiben. Der Himmel ist nur wenig bedeckt, wir gehen los. Aber es ist noch immer kalt, fast eisig weht der Wind. El Burgo Ranero gerade hinter uns, ziehe ich meinen warmen Pullover über das Shirt. Eine junge Pilgerin aus Frankreich, der wir schon seit Tagen begegnet sind, überholt uns, ruft uns das übliche „Buen Camino“ zu, wir antworten mit „Grazia artié´“. Sie hat dicke Handschuhe an den Händen. Ich friere, würde mir die Handschuhe gern mal ausleihen.

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Nach zweieinhalb Stunden und dreizehn Kilometer schnellen Schrittes erreichen wir Religos. Wir gönnen uns in einem Cafe eine kurze Pause zum Aufwärmen. Minuten später taucht die Handschuhträgerin aus Frankreich auf. Ich frage mich, ob die Handschuhe nichts genutzt haben, vor allem aber, wo war sie unterwegs abgeblieben ? – wir hatten sie doch nicht wieder eingeholt und es gibt doch nur einen Camino frances.

Montag, 22. Mai 06: Bild1

Der Rest des Weges ist genau so eintönig und langweilig wie die ersten dreizehn Kilometer. Parallel zu einer geteerten Strasse geht es immer wieder abwechselnd bergauf und bergab. Schließlich erreichen wir wie an allen Vortragen auch wohlbehalten unsere Unterkunft. Der übliche Abendrhytmus setzt ein : Duschen – Ruhen – Bummel durch den Ort – etwas essen im Biergarten unseres Hostals – Bettruhe.

Dienstag, 23. Mai 2006

Von Mansila de las Mulas nach Leon Die Kathedralenstadt 21,730 km – 31.046 Schritte – 1.935 k/cal

Schreck in der Morgenstunde. Unser Frühstück ist für acht Uhr bestellt, im Hostal allerdings niemand zu sehen. Wir machen uns bemerkbar, gehen durch die Räume. Kein Gast, kein Personal zu sehen, alles ist totenstill. Ich komme an der Küche vorbei, werfe einen Blick hinein und trete vorsichtig ein, in der Hoffnung, hier jemanden anzutreffen. Plötzlich laute Schreie von draußen, eine aufgeregte Frau tritt ein und versucht mir fast hysterisch zu vermitteln, dass ich in der Küche nichts zu suchen habe. Sie droht mir mit der Guardia Civil. Meine angelernte deutsche Pünktlichkeit scheint mir also zum Verhängnis zu werden. Wir reagieren auf unsere Art, nehmen unsere Rucksäcke und verschwinden fluchtartig, gehen in eine nahegelegene Bar und frühstücken in aller Ruhe.

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Wir haben erneut einen kühlen Tag, circa 12 Grad. Aber es ist windstill. Unser schnelles Gehtempo lässt uns die Frische nicht merken. Der Weg führt uns auf den ersten zehn Kilometern ein weiteres mal auf einem Weg parallel zu einer vielbefahrenen Strasse, dann benutzen wir schmale Fahr- und Staubwege. Wir vermissen einige der Pilger, die wir an den Tagen zuvor getroffen haben, sprechen über den einen oder anderen und rätseln, warum wir heute bisher so allein bleiben. Gegen Mittag bemerken wir, dass die Landschaft lieblicher und beschaulicher wird.

Über Alto del Portillo und Puente del Castro kommen wir schließlich nach Leon. Eine Großstadt mit alten Stadtmauern aus der Römerzeit. Sie war bis zum 13. Jahrhundert Hauptstadt Spaniens, wurde später von Toledo und Madrid abgelöst. Nach etwa vier Kilometern Fußmarsch durch die Innenstadt finden wir unser Quartier „Prada Borges“ in der Avenida Roma. Am Abend besuchen wir die gotische Kathedrale. Sie gilt als schönste in Spanien und ist reich an Kunstschätzen. Im Inneren dieses imposanten Gebäudes beeindruckt und das farbige Licht der mittelalterlichen und frühzeitlichen Buntglasfenster. Sie erscheinen uns als wirkliche Wunderwerke der Glaskunst. Auf dem Platz vor der Kathedrale besuchen wir ein Cafe. Ich mache meine Notizen zum heutigen Tag. Wir bestellen uns eine Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen und beobachten in aller Ruhe das muntere Treiben der Einheimischen und der vielen Pilger. Endlich treffen wir auch Einige von denen, die wir tagsüber vermisst haben und wech seln ein paar Worte mit ihnen.

Schließlich gehen wir zurück in unsere Unterkunft. Hier werden wir freundlich begrüßt, trinken noch ein Glas Rotwein und ein wohlschmeckendes kühles spanisches Bier. Um einundzwanzig Uhr liegen wir in unseren Betten. Morgen haben wir einen langen Tag vor uns .....

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Mittwoch, 24. Mai 2006

Von Leon über Villadangos del Paramo nach Hospital de Orbigo Über den Paramo zur Pilgerbrücke 31,900 km – 45.606 Schritte – 2842 k/cal

Eigentlich soll uns der Weg heute über Villar de Mazarife führen. Wir nehmen aber die Strecke über Villadangos del Paramo. In den Boden eingelassene Muscheln führen uns zunächst zum Kloster San Marcos, wo die alte Pilgerbrücke über den Rio Bernesga führt. Wir gehen noch circa vier Kilometer durch das nichtssagende Stadtrandgebiet von Leon, gehen über die trockene Hochfläche des Paramo mit seiner typischen Vegetation : lockere Zwergstrauchheiden aus Zistrosen, Lavendel und Ginster sowie ganze Wiesen mit Orchideen. Schließlich kommen wir nach La Virgen del Camino, hier teilt sich der Weg. Wir bereuen schnell, dass wir diesen Streckenabschnitt gewählt haben. Er führt uns straßenparallel zunächst an der Autobahn und dann an der Fernstrasse N 210 zum heutigen Zielort. Verständlich, dass wir ob des Staubes , des Autolärms und des steinigen Untergrundes unseres Weges ziemlich deprimiert sind.

Da hilft auch das Wiedersehen mit den zwei Norwegerinnen aus Stavanger nichts, auch die beiden sehen heute nicht glücklich aus. Wie wir sind sie müde und nur mit sich selbst beschäftigt. Viele Jakobspilger sind ohnehin nicht gerade gesprächig. Manchmal fragt uns unterwegs einer nur wie lange wir schon unterwegs sind und woher wir kommen Das wohin ist ohnehin klar.

Unsere erste Pause machen wir nach 18,7 Kilometern.

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Wir gehen weiter, immer parallel zur N 210 und erreichen nach acht Stunden Gehzeit die heutige Herberge, die wir trotz unserer Anspruchslosigkeit schnell vergessen werden.