Donnerstag, 18. Mai 2006

Von Fromista nach Carrion de los Condes Durch die Campos 21 km - 29.950 Schritte – 1.862 k/cal

Wir haben heute angenehme Temperaturen, wenig Sonne, leichten Wind und keinen Regen. Unterwegs, in Villarmentero de Campo, pausieren wir auf dem „Plaza de General Franco“ und betrachten die kunstvollen Bäume und eine Statue, die uns den weiteren Weg zeigt. Weil wir wegen der angenehmen Temperaturen gut voran kommen, gönnen wir uns die nächste Pause bereits eine Stunde später in Villalcancar de Sirga.

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Nach dem Frühstück noch schnell 1 Foto vom Hostal und los geht es heute auf eine Tour, die uns zunächst auf einem steinigen Seitenweg einer wenig befahrenen Strasse fast immer geradeaus und ohne großes Auf und Ab nach Carrion de los Condes führen soll. Heiliger Jakobus, sei Dir gedankt.

Im „Tasa Doncamino Cafe“ kaufen wir einen kleinen Kuchen und lassen uns beim Essen von einem freundlichen jungen Spanier fotografieren.

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Noch fünfeinhalb Kilometer bis Carrion de los Condes..
Manfred spürt , dass ich das Tempo verschärfe. Er misst mehr als 5,0 kmh und drosselt die Geschwindigkeit. Am Ziel angekommen nehmen wir einen kurzen Blick auf den Stadtplan. Mit Hilfe eines älteren Einheimischen ist die Herberge dann schnell gefunden. Ein großes sauberes Zimmer mit separater Küche und großem Bad, fast wie zuhause. Aber was sollen wir mit der Küche ? Am Abend schlendern wir entspannt durch den Ort. Es ist der erste, der auf unseren bisherigen Etappen den Charakter einer spanischen Kleinstadt hat.

Freitag, 19. Mai 2006

Von Carrion de los Condes nach Calzadilla de la Cueza Piste durch den Paramo 18,270 km – 26.104 Schritte – 1627 k/cal

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Um 7 Uhr klingelt der Wecker, eine Stunde später sitzen wir am Frühstückstisch. Wir bezahlen die Übernachtungskosten im wenige Meter entfernten Supermercado „David“. 18 Kilometer liegen heute vor uns. Eine Etappe zum Nachdenken.

Wir gehen an riesigen Feldern vorbei, der Weg ist flach und steinig. Ich weiß, wir queren heute die „Canada Leonesa Oriental“, einen bis Mitte des 19. Jahrhunderts bedeutenden Viehtriebsweg, der von Andalusien im Süden bis in die Provinz Leon im Norden führt. Vor allem Merinoschafe weideten hier. Die Wolle wurde seinerzeit zu einem der wichtigsten Exportartikel Spaniens. Jetzt sind wir dort, ein markierter Stein gibt uns die Gewissheit. Wir machen eine kleine Pause am Wegesrand. Gestern Abend hatte ich Weißbrot und Käse gekauft. Zusammen mit Agua Mineral kann ich daher Manfred mit einer für ihn unerwarteten Mahlzeit überraschen.

Unterwegs treffen wir ein junges Paar aus Brasilien, versuchen uns zu verständigen. Die junge Frau spricht etwas englisch, also kein Problem für mich, ihr nicht nur aus Gründen der Höflichkeit klar zu machen, dass nach meiner Meinung Brasilien den besten Fußball der Welt spielt und somit auch die bevorstehende WM in Deutschland gewinnen wird. Sie hat die Übersetzung für ihren Partner noch nicht beendet, als dieser plötzlich seinen schweren Gang unterbricht und beginnt, vor mir einen exzellenten Samba zu tanzen und dazu eine Hymne auf meine für ihn wohl unerwartete positive Einschätzung des brasilianischen Fußballs ausstößt. Schade, dass ich nur einen Fotoapparat und keine Kamera bei mir habe.

Viele Pilger, die uns in den ersten Tagen begegnet sind, treffen wir in unserer heutigen Unterkunft „Camino Real“ wieder. Trotz Sprachenwirrwarr verstehen wir uns alle bestens und haben viel Spaß miteinander. Ein unterhaltsamer aber auch erfahrungsreicher Abend geht später als sonst zuende.

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Samstag, 20.Mai 2006

Von Calzadilla de la Cueza nach Sahagun Alles aus Adobe 24,330 km - 34.768 Schritte – 2.164 k/cal

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Ich habe das Gefühl, mein Wecker klingelt zu früh. Ich blicke aus dem Fester und sehe nach dem Wetter. Regen würde uns heute auf den schlechten Wegen und Furten Probleme bereiten. Aber es sieht gut aus. Also fertig machen zum Frühstück, Rucksack schnüren, von neuen Freunden vom Vorabend verabschieden und los geht´s ( in der Hoffnung, dass wir uns am Abend oder in den nächsten Tagen irgendwo wiedertreffen ).

Wir gehen durch Ledigos und erreichen nach etwa 13 Kilometern den Ort Moratinos. Am Ortseingang fällt uns ein Friedhof auf, der von hohen Mauern umschlossen wird, so als ob hier jemand festgehalten werden sollte. Nebenan sehen wir ein Gebäude mit begrüntem Dach mit Dachluken. Das Haus selbst ist in die Erde gebaut worden, kaum als solches zu erkennen. Auffällig sind auch die für diese Gegend typischen Adobe-Häuser, also aus Lehm errichtete Gebäude. Wir treffen einen jungen Engländer, einen Aussteiger, der in mühseliger Kleinarbeit versucht, ausschließlich mit den eigenen Händen ein zerfallenes Lehmgebäude wieder aufzubauen. Er lädt uns zur Rast ein. Vor seinem Haus hat er Speisen und Getränke für die vorbeiziehenden Pilger aufgestellt. Uns erklärt er seine Techniken im Umgang mit dem klebrigen Material. Eine junge Pilgerin aus Deutschland entschließt sich spontan, den Weg für eine Woche zu unterbrechen um dem „Bauherrn“ bei seinem Vorhaben zu helfen.

In San Nicolas gönnen wir uns eine weitere Pause zur Nahrungsaufnahme. Es gibt trockenes Weißbrot und Quellwasser aus einem Brunnen, dazu als „Lekerli“ einen Müssliriegel. Als wir dann schließlich in Sahagun ankommen müssen wir feststellen, dass unsere Unterkunft nicht mehr existiert. Wir finden schnell eine Alternative (La Co Dornitz), teuer, nicht besonders ansprechend, aber für eine Nacht allemal ausreichend. Abends esse ich eine Pizza. Nach dem anschließenden Waschen der durchschwitzten Wäsche des Tages versuche ich noch, mir die Eigenarten des nächsten Tages anzulesen, aber bald fallen mir die Augen zu. Es ist gerade mal acht Uhr abends.

Sonntag, 21. Mai 2006

Von Sahagun nach El Burgo Ranero Real Camino – der königliche Weg 19,140 km – 27.343 Schritte – 1.704 k/cal

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Nach einem spartanischen Frühstück, 2 kleine Scheiben geröstetes Weißbrot, 10 gr. Butter und eine Tasse Kaffee verlassen wir kurz nach neun Uhr unsere Unterkunft. Der „Real Camino“ (der „königliche Weg“) liegt heute vor uns. Aber warum nur dieser Name, frage ich mich. Wir gehen auf steinigem Untergrund, wechseln deswegen ab und zu auf die parallel verlaufende Teerstrasse. Nur wenige Meter weiter sehen wir ständig die Autopista. Was mag das mit „königlich“ zu tun haben ? Es bleibt uns ein Rätsel.

Zur Hälfte der Strecke machen wir in Berianos del Real Camino eine Verschnaufpause. Ich stelle fest, dass heute Sonntag ist und zuhause wahrscheinlich eines meiner Lieblingsgerichte auf dem Tisch steht. Ich beiße zur gleichen Zeit in des Rest meines trockenen Weißbrotes, nehme einen Schluck Quellwasser aus meiner Trinkflasche zu mir – und vermisse nichts !

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Plötzlich kommen heftige Südwinde auf. Sie werden zum Sturm und bringen uns mit unserem Gepäck auf dem Rücken tatsächlich zum wanken. Wir müssen auf der Teerstrasse weitergehen, auf dem eigentlichen schmalen Pilgerweg haben wir keine Gewähr mehr dafür, nicht in einen parallel verlaufenden Graben geblasen werden.

Aber wir halten wieder einmal durch, sind froh, ohne Zwischenfälle in El Burgo Ranero angekommen zu sein. Ich frage einen älteren Einwohner des Ortes nach dem Weg zur Unterkunft . Er klopft mir freundlich auf die Schulter, spricht ein paar Worte und zeigt den Weg. Mit einem herzlichen „addios“ verabschiedet er sich dann von uns. Zehn Minuten später sind wir am Ziel. Draußen ist es immer noch stürmisch und auch kühl, das Thermometer zeigt 8 Grad. Ich wasche meine Wäsche, sehe mir auf der Digitalkamera die bisher geschossenen Fotos an und lese meine bisherigen Tagebuchaufzeichnungen. Schande, Einiges war mir schon wieder entfallen oder zumindest weit zurück. Entschuldigen will ich das mit den täglich vielen neuen Eindrücken, Erfahrungen und Erlebnissen. Ich hatte ähnliches geahnt, deswegen diese Aufzeichnungen.