Es ist soweit ....

Sonntag, 14. Mai 2006

Flughafen Hannover. Flug AB 9582 um 11.25 Uhr via Palma de Mallorca nach Bilbao. Ankunft dort 16:15 Uhr. Eigentlich wollen wir mit einem Überlandbus zu unserem circa 180 km entfernten Startort Burgos weiter fahren. Aus Zeitgründen müssen wir umdisponieren, mieten am Flughafen einen Mietwagen, einen Fiat Punto.

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Die Übernahme des Autos in Bilbao klappt reibungslos, ebenso die Fahrt nach Burgos. Gegen 21 Uhr erreichen wir unsere Unterkunft „Puerta Romeros“. Schnell noch etwas Essen, ein kurzer Spaziergang in die Stadt und ab ins Bett.

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Unterkunft in Burgos

Montag, 15. Mai 2006

Von Burgos nach Hornillos del Camino Felder, Dörfer und Calzadas 20 km – 28.600 Schritte – 1.780 k/cal

Wir verlassen das Gewohnte und den abgesicherten Alltag. Wir gehen einfach los. Mit Gelassenheit machen wir uns auf den Weg und vertrauen darauf, dass uns unterwegs das zuteil wird, was wir erwarten.
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Wir müssen früh aufstehen, frühstücken, liefern unser Leihfahrzeug ab, fahren mit dem Bus zurück zur Unterkunft, satteln unsere Rucksäcke und marschieren los. Diese erste Etappe soll uns bis Hornillos del Camino führen. Das Thermometer zeigt 28°, der Weg führt zwar nur leicht aber unaufhörlich bergauf. Die Landschaft ist menschenleer und wirkt einsam Unsere erste kurze Pause machen wir hinter Villabilla de Burgos, unter einer Brücke des Autobahnzubringers zur A 231 an einem kleinen Fluss.

Wir gehen auf staubigen Wegen, durch einsames Bauernland, queren die Orte Tardajos und Rabe´ de las Calzadas, trinken ab und zu aus unseren Wasserflaschen und dann - circa 7 km weiter - sehen wir plötzlich ein weites Tal vor uns, dahinter die nächste Hochfläche und dazwischen unseren heutigen Zielort. Hier angekommen, steuern wir die örtliche Pilgerherberge an.

Wir kommen zu spät, sie ist bereits belegt, bekommen keine Möglichkeit zum Schlafen. Zufällig entdecken wir, dass von irgend jemand in einem Haus in Nähe der Pilgerherberge noch ein Zimmer angeboten wird. Wir finden uns hier wenig später in einem etwa 25 qm großen Raum wieder. 11 Matratzen liegen auf dem Fußboden, dicht an dicht, kein separater Platz zum Abstellen der Rucksäcke und der Wanderstiefel. Neben mir liegt ein junger Japaner, daneben besieht sich eine Frau aus Frankreich die heutigen Fotos ihrer Digitalkamera, wenig weiter wursteln andere Pilger an ihren Rucksäcken herum. Die vorhandene einzige Toilette mit Waschbecken ist direkt nebenan, lediglich getrennt durch eine unabschließbare Zwischentür. Wie wird die Nacht wohl werden, fragen wir uns.

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Wir entscheiden uns, ein paar Schritte durch den Ort zu gehen, entdecken einen kleinen Laden. Die Pilgermuschel wird uns angeboten, wir kaufen sie. Wir werden sie morgen früh an den Rucksäcken befestigen, sie wird das sichtbare Zeichen unserer Pilgerschaft sein. Wir kaufen aber auch Wasser und Weißbrot für den nächsten Tag.

Und für den heutigen Abend gönnen wir uns schließlich noch ein gutschmeckendes kühles spanisches Bier.

Die vorhandene einzige Toilette mit Waschbecken ist direkt nebenan, lediglich getrennt durch eine unabschließbare Zwischentür. Wie wird die Nacht wohl werden, fragen wir uns.

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Dienstag, 16.Mai 2006

Von Hornillos del Camino nach Castrojeriz Etappe mit spirituellem Tiefgang 21 km – 29.955 Schritte – 1.868 k/cal

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6.30 Uhr. Lautes rufen, aufstehen, Zähneputzen. Frühstück ? – Wie – wo – was ? Diese Frage stellen wir uns nicht, bloß schnell weiter. Wir verlassen Hornillos del Camino auf einer staubigen Strasse. Nach einer dreiviertel Stunde erreichen wir die Hochfläche der Meseta. Uns empfängt eine unendliche Weite, sandige Wege erschweren das Vorankommen. Das Thermometer zeigt am Morgen schon mehr als 30 Grad im Schatten – aber wir gehen in der Sonne. Tausend Jahre lang zogen Pilger genau denselben Weg, erinnere ich mich an den Text eines Buches über den Pilgerweg.

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Unsere erste kurze Pause machen wir gegen 10.45 Uhr in Hontanas. Gegen Mittag passieren wir die Ruinen des Klosters San Anton, machen dort unter schattigen Bäumen eine wohlverdiente Pause. Ein junger Deutscher, der hier lebt, beantwortet unsere neugierigen Fragen zur Geschichte des Klosters, erklärt uns aber auch, was ihn in diese - trotz Kloster - gottverlassene Gegend verschlagen hat.

Mit 2 Pilgerinnen aus Stavanger/Norwegen, denen wir schon am Vortag begegnet waren, unterhalten wir über dies und das. Wir sehen, dass einer von Beiden an beiden Händen die Finger und an beiden Füßen die Vorderfüsse fehlen. Wir bewundern die Kraft und Energie dieser Frau, sich diese Strapazen aufzuladen. Aber sie hat Gründe, diesen Weg zu gehen. Sie erzählt sie mir, ich werde sie für mich behalten !

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Endlich, gegen 16 Uhr erreichen wir Castrojeriz. Das Thermometer zeigt 34 Grad im Schatten. Wir entledigen uns unserer Rucksäcke, erfrischen uns mit einem Duschbad, besorgen uns etwas Verpflegung für den nächsten Tag, in einer Bar essen wir eine Kleinigkeit, um 20 Uhr fallen wir müde in unsere Betten.

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Mittwoch, 17. Mai 2006

Von Castrojeriz nach Fromista Mesetas und Ermitas 26 km – 37.180 Schritte – 2.314 k/cal

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Wir frühstücken um 8 Uhr und packen anschließend unsere Sachen. Ich will das Gewicht meines Rucksacks reduzieren, lege meinen schweren Baumwollpullover und eines meiner T-Shirts so ordentlich wie möglich zusammen und lasse beides im Zimmer liegen. Mit der Gewissheit, nicht mehr 11,450 sondern nur noch 10, 300 kg auf dem Rücken tragen zu müssen, starten wir unsere heutige Etappe.

Ortausgang Castrojeriz – oh Schreck – wir haben einen etwa 4 Kilometer langen Aufstieg vor uns, der uns bereits frühzeitig am Morgen in unsere Schranken weist. Endlich am höchsten Punkt angekommen, machen wir eine kleine Pause. Nicht freiwillig, der lange steile Anstieg hat uns Tribut gezollt. Aber es eröffnet sich uns eine tolle Landschaft. Wir sehen, was eine Meseta ist : Steile Flanken, oben tischflach. Kaum befahrene Staubwege folgen. Wir sehen Pilger, die vorbeifahrende Autos stoppen, weil ihre Kraft nicht mehr reicht, bei 34 Grad im Schatten dem Weg zu folgen. Aber wir gehen, gehen, gehen und kommen nach etwa drei Stunden zur Ermita de San Nicolas, einer mittelalterlichen Einsiedelei, die zu einer Pilgerherberge ausgebaut worden ist. Ihre Lage ist einsam. Wir stärken uns mit etwas Gebäck, das uns angeboten wird, trinken frisches Wasser und füllen zusätzlich unsere Getränkeflaschen. Schnell noch ein Foto von Manfred mit dem über ihm schwebenden Papa Bened ict IX., eine kleine Spende in den obl igatorischen Opferstock und weiter geht´s.

Plötzlich starker Wind von vorn, erstmals Wolken am Himmel. Wir haben noch etwa 6 Kilometer bis zum heutigen Zielort und beginnen unser Tempo zu steigern. 70 (!) Minuten später stehen wir vor unserem Casu Rual „San Telmo“ in der Cal Martin Vena 8 und werden dort herzlich empfangen. Wir gönnen uns 2 Stunden Ruhezeit und gehen anschließend in die Cafe-Bar „La Plaza“.

Manfred bemängelt meine nach seiner Meinung bisher nicht ausreichende Nahrungsaufnahme und zwingt mich, ein „Menü“ zu ordern. Ich stelle ihn zufrieden, bestelle einen Salatteller und ein Kalbsfilet mit Pommes. Ein Bier zu diesem Menü ist obligatorisch, Manfred zieht einen Schoppen Vino tinto vor.